Blog - Auf dem Schreibtisch
EIN GANZ BESONDERES PROGRAMMHEFT
Eine meiner Aufgaben als Konzertdramaturgin im Zusammenhang mit Konzerten ist die Erarbeitung des Programmheftes. Für die meisten der Hefte lade ich mir eine*n Musikwissenschafter*in für einen der Texte ein, die anderen Texte schreibe ich selbst. Für das Programmheft zum 6. Sinfoniekonzert dieser Spielzeit habe ich ungewöhnliche Mitarbeiter*innen: Schüler*innen des Musikleistungskurses Klasse 11 des Humboldt-Gymnasiums Nordhausen (Musiklehrerin: Melissa Hart). Ein ähnliches Projekt hatte ich mit den beiden anderen Musiklehrerinnen des Gymnasiums bereits im Frühjahr 2022 gemeinsam verwirklicht, nun also auf ins neue Abenteuer.
Erwartungsvoll betrete ich das Klassenzimmer, erwartungsvoll schauen mich die Schüler*innen an. Zunächst stelle ich das Konzertprogramm vor, wir hören gemeinsam das erste Stück: »D’un matin du printemps« der französischen Komponistin Lili Boulanger. Wir sprechen über die Aufgaben einer Konzertdramaturgin, über Erwartungen an Programmheftinhalte, über Gestaltungsweisen, über viel und wenig Text, Illustrationen und vieles andere.
Für eine intensive Arbeit bilden wir Gruppen: jeweils drei bis vier Personen pro Werk, dazu eine Gruppe, die sich um Layout, Biografien, Programmablauf, Abbildungen usw. kümmert. 45 Minuten sind eine viel zu kurze Zeit! Mit Arbeitsaufträgen geht es in die nächste der zwei Musikwochenstunden, ich komme in der dritten wieder dazu. Ich gehe von Gruppe zu Gruppe, beantworte Fragen, lasse mir den Stand der Arbeit erklären, die verschiedenen Ideen zur Seitenaufteilung, zu Textinhalten, Notenbeispielen und Erläuterungen. Aber auch Biografisches und Fun Facts dürfen nicht fehlen.
Auf Vorschlag einiger Schüler*innen wurde auch ein Kunstkurs der Schule »angesteckt« und die Idee für Illustrationen zu den Kompositionen dorthin getragen, einige Schüler*innen machen mit.
Alle sind mit Elan bei der Sache, die Ergebnisse können sich sehen lassen, der Kenntnisstand ist hoch. Alle wissen, wie sie über Musik sprechen und schreiben können, kennen sich aus, können Partituren lesen, Musikbeispiele heraussuchen, Literatur recherchieren.
Gegen Ende der Arbeitsphase besuche ich die Klasse ein drittes Mal, zwischenzeitlich haben wir uns auch per Mail ausgetauscht, ich habe Arbeitsstände korrigiert und zurückgeschickt. Nun geht es um letzte Absprachen. Insgesamt fünf Wochen, also zehn Musikstunden plus selbständige Arbeit zu Hause, arbeiten wir an den Inhalten für das Heft. Direkt vor den Osterferien bekomme ich alle Texte und Inhalte, sowie die Skizzen für die geplante Seitenaufteilung zugesandt. Ich bin dankbar für den intensiven Austausch, die konzentrierte Arbeitsatmosphäre und für neue Impulse und Gedanken. Die weitere Arbeit liegt nun hauptsächlich beim Grafiker und für die Korrekturen bei mir.
Alle sind schon sehr gespannt auf das Ergebnis, das sie dann in den Händen halten, wenn sie im April zum 6. Sinfoniekonzert im Theater sein werden. Dort werden wir auch die Idee einer Umfrage beim Publikum verwirklichen, um einmal herauszufinden, was das Publikum eigentlich von Programmheften, deren Inhalten und Gestaltung hält und erwartet.
Katrin Stöck