Blog - Hinter den Kulissen
KAMELE, COCKTAILS UND VIEL SCHAUM
REQUISITEURIN MARIE-SOPHIE OBERDIECK ÜBER IHRE ARBEIT
Die Proben für unser Weihnachtssingspiel »Der Stern von Bethlehem« sind bereits voll im Gang. Auch drei Kamele sind mit dabei, sie begleiten die Weisen auf ihrer Reise nach Bethlehem. Jetzt wanderten sie, das heißt ihre Köpfe, von der Requisite in die Gewandmeisterei, wozu?
Die Kinder, welche Kamele spielen, bekommen ein Cape und eine Mütze. Ihre Köpfe sind dann jeweils der Höcker des Kamels und mit einem Gurtsystem werden sie mit dem Kamelkopf verbunden.
Wer hatte denn die Idee, die Kamele derart auf die Bühne zu bringen?
Zuerst war es gar nicht so klar, ob es überhaupt diese Wüstenschiffe geben sollte, aber dann kam die Ausstatterin Carlin Flucke und fragte, ob wir denn schon irgendwie Kamele gemacht hätten, Regisseur Daniel Klajner würde gern den Kindern die Aufgabe übergeben, die drei Könige als solche zu begleiten. Zuerst dachten wir an Schilder, dann sollten es vielleicht eine Art Kamel-Steckenpferde werden. Schließlich sind wir zufällig auf diese Kamele im Internet gestoßen, eigentlich auf eine Faltvorlage dazu. Das ist eine Anlage, die man sich herunterladen kann.
Also, wer Lust hat, hier der LINK: https://www.etsy.com/de/listing/550221188/kamel-trophae-kopf-kamel-papercraft-tier
Ist das so eine ähnliche Falttechnik wie bei den Lichtobjekten in »Der Junge mit dem längsten Schatten«?
Genau, das ist das gleiche Prinzip. Hier nehmen wir ganz normalen Bastelbogen-Karton, dann haben wir das Ganze noch mit Lack eingepinselt und innen mit Bauschaum gefüllt, damit die Stabilität hergestellt ist. Die Köpfe sollen halt leicht bleiben, weil die Kinder sie tragen müssen.
Wie lange habt ihr an einem Kamel gebaut?
Nicht lange. Wir haben nachmittags mal angefangen, die Schablonen zu malen und am nächsten Nachmittag waren alle fertig. Für eins benötigt man, wenn man schnell ist, vielleicht 4 Stunden.
Und der Stern von Bethlehem …
… der wird auch gebastelt, der ist eine Laterne, in die eine Lichterkette kommt. Die Holofolie, aus der der Stern ist, bildet dann selbst noch einmal Sterne. Der Stern wird auch von einem Kind getragen. Er muss ja über allem Geschehen stehen und von Ort zu Ort führen. Von Seiten der Requisite ist dies ansonsten eine entspannte Produktion, will sagen, mit nicht gar so vielen Requisiten.
Was war denn die stressigste Produktion?
Eigentlich ist kein Stück wirklich übermäßig stressig. Es gibt immer mal Momente in einigen Produktionen, wo man bei der Vorstellungsbetreuung – zum Beispiel bei einem Umbau – flink sein muss, um die Requisiten rechtzeitig vor Ort zu haben. Da hatten wir beim Musical »Der kleine Horrorladen« diesen »Renovierungsumbau«, der sollte schon ganz genau sitzen, weil man da nicht viel Zeit hatte. Wir mussten sehr genau wissen, was von der Bühne musste und was neu wohin sollte und das schnell, schnell, schnell. Ansonsten geht man von einer Aufgabe in die nächste, das ist eigentlich ein schöner Ablauf.
Vieles holt ihr aus dem Fundus, manches wird gekauft, aber manchmal muss auch im Vorfeld einiges gebaut und hergestellt werden …
Richtig, für die Produktion »Im weißen Rössl« hatten wir im Vorfeld ziemlich viel vorbereitet und bei »La Cage aux Folles« haben wir individuelle »Cocktails« hergestellt. Die wurden nicht im Shaker gemixt, sondern aus Kerzen-Gel hergestellt. Für uns war es sehr lustig, mit den unterschiedlichen Farben zu experimentieren. Das machen wir jetzt übrigens auch für »Ein Märchen im Grand-Hotel«.
Manchmal sind auch bestimmte Requisiten sehr schwierig aufzutreiben, was fällt dir da aus der Vergangenheit ein?
Wir hatten in »Turandot« eine Opiumpfeife, die konnten wir aber bestellen. Bisher gab es eigentlich noch nichts, was wir nicht auftreiben konnten. Manches ist etwas aufwendiger, wie die Schriftrollen für »Turandot«, die haben wir per Hand bemalt, und das hat gedauert.
Ihr seid als Requisite auch für die Waffen auf der Bühne zuständig. Die sind im Waffenschrank verschlossen, dennoch muss immer alles vor der Vorstellung überprüft werden, damit es keine Unfälle gibt, wie es oft in Fernseh-Krimis vorkommt. Ihr steht doch bei einem Schuss neben der Bühne in der Gasse und schießt sozusagen für den Darsteller?
Natürlich nutzen wir ausschließlich Platzpatronen. Ansonsten kommt es immer darauf an, ob auf der Bühne die geforderten Abstände eingehalten werden können – wenn nicht, schießen wir von der Seite. Es könnten nämlich Splitter austreten, außerdem gibt es bei bestimmten Pistolen auch eine Stichflamme und da muss einfach entsprechend der Abstand gehalten werden.
Marian Kalus zum Beispiel schießt in »Der kleine Horrorladen« selbst. Er ist allein auf der Bühne und zielt auch nur auf eine Figur, es ist also niemand gefährdet. Grundsätzlich üben wir, wenn wir eine Waffe länger nicht benutzt haben, noch einmal das Handling und überprüfen diese natürlich immer vorher.
Ich habe euch mal im Hof schießen üben gehört, da ging es um die Lautstärke, könnt ihr die beeinflussen?
Ja, es gibt verschiede Patronen, die bestimmt vollgefüllt sind und dementsprechend unterschiedlich laut knallen. Es gibt z. B. auch einen Revolver, den nutzt Operndirektor Benjamin Prins ganz gern bei seinen Produktionen, denn der rumst richtig. Die kleinen Platzpatronen, die machen dann nur so päff päff. Wir schauen halt, was gebraucht wird.
Die nächste Herausforderung ist die Lustspieloperette »Märchen im Grand-Hotel«. Bald ist Premiere, was gab es da besonderes an Vorbereitungen?
Für »Märchen im Grand-Hotel« hatten wir vorige Woche eine »Schaum-Probe«. Die Sängerin Yuval Oren soll in einer Badewanne voller Schaum sitzen. Wir haben eine Schaummaschine bestellt und getestet. Funktioniert!
Dann weiterhin viel Spaß und Erfolg, und danke für das Gespräch!