Blog - Hinter den Kulissen

Messer und Gabel

Tischlerkunst für »Così fan tutte« bei den Thüringer Schlossfestspielen Sondershausen

Schon seit Wochen wird parallel zu den Bühnenbildern für die Opern, Stücke und Ballette der Saison in den Werkstätten des TN LOS! an der Ausstattung der Produktionen der Thüringer Schlossfestspiele Sondershausen gearbeitet. Neben Franz Schuberts Singspiel »Die Zwillingsbrüder« und dem Musical »3 Musketiere« von Rob und Ferdi Bolland steht auch Mozarts »Così fan tutte« auf der Festspielbühne im Schlosshof von Schloss Sondershausen. Bühnenbildnerin Birte Wallbaum wünschte sich als einen Teil der Dekoration ein überdimensional großes Besteck. Soweit so gut, so etwas muss angefertigt werden, es sei denn, man kann es sich an einem anderen Theater borgen. Das Theater in Schwerin war da im Gespräch. Die beiden Theatertischler Jens Grabe und Dominik Siebert waren schon etwas enttäuscht, dass dieser Auftrag an ihnen scheinbar vorüber zog. Solch anspruchsvolle Aufgaben sind immer eine Herausforderung und machen besonders Lust, auch, um kreative Lösungen zu finden. Klar, alle anderen Sachen, selbst wenn es eine »gerade« Wand ist, machen auch Spaß, aber »so etwas hat Seltenheitscharakter«, sagt Dominik. Freude dann bei den beiden, als in Schwerin die Gabeln nicht mehr zu bekommen waren, und sie selbst Hand anlegen konnten. Schicht für Schicht wurden auf einer vorgefertigten Form aus Styropor 3 mm starke Sperrholzplatten gebogen, angeleimt und gepresst. Nachdem die acht Schichten ausgehärtet waren, wurden sie von der Form genommen, die Zinken ausgesägt und das Ganze mit Ornamenten verziert. Eine aufwendige Arbeit, die sich gelohnt hat. Stolz präsentieren die Tischler ihr Kunstwerk auf einer riesigen Treppe, die auch für die Produktionen der diesjährigen Schlossfestspiele entsteht. Das riesige Stahlgerüst haben sie verplankt. Nun kommt erst einmal alles wieder ab und wandert in den Malsaal, um dann in Sondershausen vor Ort wieder aufgebaut zu werden.

 

Die beiden Tischler sind zu zweit in der Werkstatt, zweimal in der Woche kommt ein ehemaliger Theater-Tischler als Aushilfe. Seit 2012 ist Jens Grabe fest am TN LOS! angestellt und seit 2016 auch Dominik Siebert.

Dass die beiden mit Herz und Seele bei ihrer Arbeit sind, sieht man schon an dem Produkt. Mit viel Kreativität und Kunstfertigkeit wird hier zu Werke gegangen. Das ist es auch, was beiden so in diesem Job Freude macht, die Abwechslung und, dass sie an der Lösungsfindung beteiligt sind. So sollte es einmal bei »Cendrillon« eine große Uhr geben, bei der sich die Zeiger vor und auch wieder zurückdrehen sollten. Sie tüftelten, fertigten aus Holz Zahnräder und bauten ein funktionierenden Tischleruhrwerk. Auch ein Schiffsbug oder ein Balkon für »Evita« standen hier in der Tischlerei. Bei der technischen Einrichtung auf der Bühne steigt die Spannung, wenn aus der Theorie Praxis wird. Da ist die Freude groß, wenn alles passt und auch noch gut aussieht. Jens Grabe geht fast immer zweimal in eine Vorstellung. Beim ersten Theaterbesuch schaut er meist auf das Bühnenbild, ob alles funktioniert. Erst beim zweiten Mal kann er im Zuschauerraum auch das Gesamtkunstwerk genießen. Dominik geht lieber ins Musical. Er freut sich schon auf »3 Musketiere« dieses Jahr bei den Schlossfestspielen.  Beide freuen sich schon darauf, wenn die Schreinerei in den neuen Anbau ziehen wird. Da hat die Schlepperei ein Ende. Jens und Dominik lieben zwar den maroden Charme der Loge, in der momentan die Werkstätten sind, aber die Treppe, so schön sie sein mag, ist eine Plage, besonders wenn man über 5 Meter lange Wände in den Malsaal eine Etage höher bringen muss. Wenn die Wand einmal das Maximalmaß von 5,85 Meter überschreitet, muss außen herum getragen werden, über die Feuertreppe durch die Probebühne in den Malsaal. Auch die Sanierung des Haupthauses wird Vorteile bringen. Der Bühnenboden ist nicht gerade das Non plus ultra. Wenn die zwei Wände, die man gebaut hat, in der Tischlerei auf ebenem Boden noch gerade nebeneinander stehen, knicken sie auf dem Bühnenboden im Haupthaus ein. Das summiert sich dann bei mehreren Wänden und schon ist alles schief und krumm. Da wird der Anbau ein echter Fortschritt sein. Sie freuen sich darauf.

 

Renate Liedtke

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