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Ivan Alboresi zu seiner Inszenierung von »Jane Eyre«

Am Theater Nordhausen/Loh-Orchester Sondershausen hatte am 1. April 2022 das Musical-Drama »Jane Eyre« seine umjubelte Premiere gefeiert. Valeria Lampadova – hier im Bild – hat den Video-Trailer erstellt, der auf unserer Homepage gesehen werden kann.

Im Gespräch mit Regisseur Ivan Alboresi

Am 1. April 2022 gab es am TN LOS! eine Deutsche Erstaufführung, das Musical-Drama »Jane Eyre«. Ivan, wie bist du auf dieses Musical aufmerksam geworden?

Ich suche stets auf unterschiedlichen Kanälen nach neuen Musicals, die für unser Haus passen könnten. Von den Verlagen gibt es zum Beispiel Informationen und Empfehlungen, ich schaue, was wir schon auf dem Spielplan hatten, was interessante Themen sind und versuche, unserem Publikum jedes Jahr Abwechslung auch in der Auswahl der Werke zu bieten.

 

In Gmunden, in Österreich, gab es die deutschsprachige Erstaufführung, hast du sie dir anschauen können?

Nein, ich hatte auch keine deutschsprachige Aufnahme zur Verfügung. Ich kannte nur die englische Aufnahme, die Broadway-Fassung. Die Musik fand ich cool, auch wenn sich die Fassung sehr von unserer unterscheidet. Für die deutsche Fassung wurde viel gestrichen und die Reihenfolge mancher musikalischer Nummern geändert, das Ganze wurde insgesamt komprimiert und letztlich hat das dem Stück gut getan.

Was war für dich der Faszinationspunkt, dieses Musical für den Spielplan auszuwählen?

Ich habe das Musical auch im Gesamtkonzept der ganzen Spielzeit ausgewählt. Alle meine Produktionen in dieser Saison haben starke Frauen in ihrem Zentrum. Das war der erste Punkt, bei dem ich dachte, dass er thematisch sehr gut passt. Der zweite Punkt war der der Glaubensfrage. In dem Stück werden unterschiedliche Facetten aufgezeigt, wie man Glauben leben kann. Religion kann Kraft geben, aber er kann auch einengen. Charlotte Brontë, die Romanautorin, ist eine Pfarrerstochter und man spürt beim Lesen ihren starken Glauben. Auch ihre Hauptfigur Jane Eyre ist eine sehr gläubige Frau mit einem sehr starken Willen. Dieses miteinander Einhergehen von Kraft und Glaube hat mich an der Figur gefesselt. Aber ich finde insgesamt die Geschichte dieses jungen Mädchens faszinierend, was sie alles erlebt und durchgemacht hat, dass sie aller Bösartigkeit getrotzt hat und aus jeder Niederlage gestärkt hervorging. Alles hat ihren Charakter nur noch gefestigt. So kann sie ganz am Ende zu Rochester gehen, unabhängig und voll in Liebe.

Stand für dich von vornherein fest, dass Eve Rades die Rolle der Jane Eyre übernehmen wird oder hattet ihr ein Casting?

Wir hatten ein Casting, das ist immer sehr offen. Der Gedanke, wie soll sie sein, wie soll sie klingen, bewegte mich vorab, denn in diesem Stück gibt es nicht nur den typisch poppigen Musical-Klang, es verlangt auch eine »klassische« Stimme, die Partie liegt so ein bisschen dazwischen, sie hat klassische, lyrische Momente und dann ist auch Belting gefragt. Eve passt wunderbar

Wenn man dann an die Partie der Blanche Ingram denkt, hier hat Amelie Petrich sogar Koloraturen …
Ja, hier charakterisiert der Komponist die Oberflächlichkeit der Figur. Ganz abgesehen davon ist der Text in diesem Lied absolut frauenfeindlich. Hier werden nach dem Motto, eine Frau kann ohne Mann nicht existieren, alle Klischees des bigotten Denkens über Frauen versammelt.

Und dafür werden sogar Mozart und Schumann benutzt ...

Ja, sie ist ganz clever, diese Figur. Sie bringt gerade Schumann als Beispiel, dessen Frau Clara hinter dem Mann in der Achtung der Zeit verschwand, ob wohl sie ganz wichtig für ihn war und großen Einfluss auf ihn hatte.

Die Geschichte spielt auf dem Dachboden, in einem Schloss mit – wieviel Zimmern?

Über zweihundert! Wir spielen zwar nicht in allen, aber dennoch waren schnelle Szenenwechsel wichtig. Deshalb sind wir weg vom Realismus gegangen, alles andere wäre zudem nicht spannend und auch nicht möglich. Wie viele Bühnenbildteile sollte es geben – das Stück spielt in einem Büro, in einer großen Halle, im Schlafzimmer usw. Das Wesentliche ist das Haus an sich, es wird bei uns mit acht fahrbaren Säulen zum Leben erweckt. Es ist wie ein Labyrinth, das immer wieder neu ersteht. Man ist plötzlich woanders und weiß nicht, ob man hier schon einmal war oder ob es ein Déjàvu ist. Die Materialentscheidung für die Säulen war auch von Bedeutung. Sie impliziert Kälte, Leere und in der metallenen Spiegelung sowohl die glänzende Fassade der Gesellschaft – aber bei den Drehungen der Säulen sieht man, was hinter der Fassade alles steckt. Hinter der glänzenden Fassade von Thornfield Hall steckt eine ganz düstere Geschichte.

Gibt es Spezialeffekte?

Ja, Feuer. Im Stück wird Feuer direkt verlangt. Das Feuer steht für einen Reinigungsprozess. Alles was das düstere Geheimnis ausgemacht hat, wird aufgelöst; geht in Rauch und Asche über.

Die Kostüme sind eine Mischung aus Historie und Moderne, welche Geschichten erzählen sie?

Es war uns wichtig, dass wir kein museales Stück auf die Bühne bringen und haben die Kostüme deshalb nicht auf das Viktorianische Zeitalter begrenzt. Wir benutzen unterschiedliche Epochen, z.B. die Zeit Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts, um zu zeigen, dass die Situation der Frauen weiterhin durch mehrere Epochen bestand. Deswegen wird es keine Kostüme geben, die sich an die 20iger 30iger Jahre anlehnen, in jenen Jahren waren die Frauen super selbstbewusst, sie hatten vor nichts Angst, anders dann wieder in den 50iger Jahren.

Nicht unbedeutende Rollen sind mit Kindern bzw. Jugendlichen besetzt, wie habt ihr sie gefunden?

Es gab ein Casting. Manche Kinder sind vom Kinderchor, manche vom Theaterjugendclub. Sie haben tatsächlich eine wichtige Rolle im Stück, sie sind sehr präsent und auch solistisch gefordert. Sie haben mit dem Chordirektor Markus Fischer probiert und machen ihre Aufgaben ganz wunderbar.

Renate Liedtke

 

 

 

 

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