»Liebe macht blind«, heißt es für gewöhnlich. In Peter I. Tschaikowskys letzter Oper »Jolanthe« ist es anders: Erst die Liebe macht die Titelheldin überhaupt sehend. Die junge Frau, Tochter des provenzalischen Königs René, ist seit jeher blind. Doch sie weiß nichts davon. Um sie vermeintlich zu schützen, wird ihr dies von ihrem Umfeld verschwiegen, genauso wie die Tatsache, dass sie eine Prinzessin ist. Erst ein Fremder holt sie aus ihrer paradiesischen Scheinwelt: Der burgundische Ritter Vaudémont offenbart Jolanthe, dass sie blind ist und leitet damit ihren Heilungsprozess ein, an dessen religiös überhöhtem Ende sie Kraft der Liebe und Dank ihres eigenen starken Willens endlich sehen kann.
»Ich suche«, so Tschaikowsky einmal über den für ihn idealen Opernstoff, »ein intimes, aber starkes Drama, das auf Konflikten beruht, die […] mich im Innersten berühren können«. In dem lyrischen Drama »König Renés Tochter« des dänischen Schriftstellers Henrik Hertz (1798–1870) mit seinem zutiefst menschlichen Erleben und einer ungemein poetischen Kraft fand der Komponist genau das, wonach er suchte. Sein Bruder Modest verfasste das Libretto. Der innige, oftmals kammermusikalisch anmutende Tonfall der Musik beschreibt eindrucksvoll den Weg der Titelfigur vom Dunkel ins Licht.
Übrigens: Dass wir Wichtiges im Leben nicht über die Augen, sondern über das Herz wahrnehmen, hat einst der französische Schriftsteller Antoine Saint-Exupéry in seiner Erzählung »Der kleine Prinz« (1943) beschrieben: »Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.«
45 Minuten vor allen Aufführungen bieten wir eine Einführung in »Jolanthe« an.
Sonderveranstaltungen mit Themenbezug:
Theaterfrühstück mit Inszenierungseinführungen: 16.03.2025, 11.00 Uhr, Theater Nordhausen, Theater im Anbau (Foyer) mit Frühstück ab 10.00 Uhr, Eintritt frei