Das Milieu der Perlenfischer an der Küste Ceylons, dem heutigen Sri Lanka, gibt in Bizets Oper den atmosphärischen Rahmen für eine bewegende Geschichte um Freundschaft und Vertrauen, Liebe und Verrat. Die Priesterin Leila soll nach altem Brauch mit ihrem Gesang die Perlenfischer vor den Naturgewalten schützen. Sie ist zwar verschleiert, doch der Fischer Nadir, schon früher in Liebe zu ihr entbrannt, erkennt sie an der Stimme. Als sie ihren tiefen Gefühlen zueinander nachgeben, ist das für beide folgenschwer: Leila vermag aus Liebe zu Nadir ihren priesterlichen Eid nicht einzuhalten, und Nadir hintergeht seinen Freund Zurga. Denn um ihrer Freundschaft Willen schworen sich die beiden Männer zu Beginn der Oper, der Liebe zu Leila zu entsagen, die sie einst gleichermaßen begehrten.
Eine ungemein lyrische Melodik verband Bizet in dieser Oper mit sparsam eingesetztem exotischen Kolorit zu einer Musik, die der Psychologie der einzelnen Figuren genau nachgeht. Dem Werk war zu Bizets Lebzeiten kaum Erfolg beschieden. Erst mit dem Siegeszug der »Carmen« nach dem Tod des Komponisten entdeckte man Ende des 19. Jahrhunderts auch dessen frühe Oper wieder, die sich inzwischen großer Beliebtheit erfreut.
Übrigens: Der schöne Titel »Perlenfischer« mag romantische Assoziationen wecken. Doch was so schön anmutet, bedeutete in der Vergangenheit für viele Menschen Plagerei und sogar Lebensgefahr: Perlenfischer waren bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts jene, die u. a. an den Küsten Ceylons und Japans nicht selten unter schwersten Bedingungen und ohne technische Hilfsmittel nach Perlmuscheln tauchten, um - mit viel Glück - an den darin verschlossenen wertvollen Schmuck zu gelangen. Seit den 1920er Jahren kommt man leicher daran: Ein Japaner erfand die Züchtung der Muschelperle.
Aufführungsdauer: ca. 1 Stunde, 45 Minuten (keine Pause)