Blog - Hinter den Kulissen

Die fleißigen Hände hinter dem Orchester

Welche Aufgaben hat eigentlich ein Orchesterwart?

Das im Gespräch herauszufinden, mache ich mich auf die Suche nach Reinhard Seyer und Michael Stoff, den beiden Orchesterwarten des Loh-Orchesters-Sondershausen. Ihre Basis haben sie im Archiv des Loh-Orchesters im Haus der Kunst …

Anzutreffen sind sie dort allerdings selten, mein erster Versuch geht ins Leere, sie sind auf dem Weg nach Nordhausen, um die Blasiikirche für das erste Sinfoniekonzert einzurichten. Mit dem Orchester-LKW fahren sie Stühle, Notenpulte, Pultbeleuchtung, Gehörschutz, Notenmappen, verschiedenste Instrumente, spezielle Instrumentenständer für Blasinstrumente an den jeweiligen Konzertort und bauen dort alles so auf, dass alle Musiker:innen Platz, gute Sicht auf den Dirigenten und gute Sicht auf ihre Noten haben. Allein die Anbringung der Pultleuchten an jedem Notenpult mit entsprechender Verkabelung braucht System und Zeit. Zeit zum Gespräch? Vielleicht später …

Sie sind Ansprechpartner für die Musiker:innen beim Einrichten für das Konzert, vor allem für diejenigen, die ihre Instrumente nicht selbst transportieren können, denn Harfe, Kontrabässe, Kontrafagott, Schlagwerk, Pauken und auch Tasteninstrumente wie die Celesta sind auf dem LKW mitgebracht worden. Natürlich ist z. B. jeder Kontrabass einem Musiker zugeordnet, auch da muss man sich also auskennen, ganz zu schweigen von der Vielzahl der Schlaginstrumente, die korrekt und bei jedem Programm anders angeordnet, sowie Ablagen und Pulte zugeordnet werden müssen. Alles muss für den Transport immer so verstaut werden, dass die Instrumente keinen Schaden nehmen, zur Not wird auch zweimal gefahren, die Strecke Sondershausen – Nordhausen und zurück kennen beide im Schlaf. Momentan sind die Herausforderungen durch die Theatersanierung noch einmal gestiegen: Es gibt wenig Lagerplatz, dafür aber viele verschiedene Konzert- und Spielorte. Praktisch alles, vom Stuhl bis zum Kontrabass muss in einem Fort hin- und wieder abtransportiert werden.

Die Probe beginnt: Zeit für ein Gespräch? Nicht dran zu denken, denn während einer der beiden auch während der Proben permanent ansprechbar ist für kleine Reparaturen, Korrekturen der Aufstellung, Umbauten bei verschiedenen Stücken, bspw. Solokonzerten, und auch bereits über kommende Konzerte und deren Orchesteraufstellung nachdenkt, ist der andere schon wieder auf dem Weg nach Sondershausen: Noten müssen gelegt werden. Ja, was heißt das denn schon wieder? Die Konzertdramaturgin hat die Noten bestellt oder aus dem Archiv bereitgelegt, aber wie kommen sie nun auf jedes einzelne Notenpult? Aufgabe des Orchesterwartes ist es, eine Serie Mappen bereitzulegen und dann in jede Mappe die entsprechenden Noten von jedem Stück des Programms für das Instrument einzusortieren, von der Piccoloflöte bis zur Tuba, von der ersten Violine bis zur Harfe … Bei Sinfoniekonzerten sind das meist drei verschiedene Hefte, bei Operngala, Filmmusikkonzert oder Neujahrskonzert können es bis zu zwanzig sein. Zeit für ein Gespräch? Auf keinen Fall! Denn diese Arbeit erfordert höchste Konzentration, damit nicht die Noten vom dritten Horn plötzlich in der Bratsche liegen … Chaos bei der Einstudierung oder nächsten Probe wäre vorprogrammiert. Nach den Konzerten werden die Noten dann aus den Mappen wieder aussortiert, auf Vollständigkeit überprüft und zurückgeschickt/einsortiert, auch das ist Aufgabe des Orchesterwartes …

Nächster Gesprächsversuch: Theaterfest im Gehege … von vormittags bis spätabends geht es wieder um Orchesteraufbau, Pultbeleuchtungen, Schutz der Instrumente vor den Regenschauern, kleine Umbauten zwischen den Programmpunkten, Abbau nach Ende des letzten Konzertes bis spätnachts und Rücktransport der Stühle, Pulte, Beleuchtung und v.a. der sensiblen Instrumente, die dort dann natürlich auch noch abgeladen werden müssen, nach Sondershausen.

Als alle Festbesucher:innen längst zu Hause sind, fahre ich also im LKW mit Michael Stoff nach Sondershausen, Zeit für ein kleines Gespräch über Höhen und Tiefen des Jobs. Aus Tischlerei und Requisite ist er im Januar zum Loh-Orchester gekommen und schnell wird klar: Die Vielschichtigkeit der Tätigkeit ist das Entscheidende und Motivierende. Für die Musiker:innen da zu sein, ihnen zu helfen, ihre Arbeit gut machen zu können, indem alle Voraussetzungen geschaffen werden, ist sein Antrieb. Dass der Job vom Entwerfen der Orchesteraufbau- und eigenen Dienstpläne, über Bauproben, die eigentlichen Auf- und Abbauten, Umgang mit jeglicher Technik, Reparaturen, LKW-Fahrten bis zur intensiven Kommunikation mit Kolleg:innen aller Gewerke reicht und damit äußerst vielschichtig und abwechslungsreich ist, macht ihm Freude.

Auch Reinhard Seyer, 2021 von der Beleuchtung zum Orchester gekommen, bestätigt das später, als ich beide beim Aufbau zum Familienfestkonzert im Haus der Kunst treffe. Und das Negative? (beide lachen) Das sei genau dasselbe: Mädchen für alles zu sein und eigentlich für alles zuständig. Das sei manchmal doch ganz schön herausfordernd. Beide nehmen es mit Humor und machen sich an den Umbau von Pauken und Schlagwerk …

 

Katrin Stöck

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