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»EIN FRÖHLICHER MOZART«

»EIN FRÖHLICHER MOZART«

Schauspieler Florian Hackspiel zu seiner stummen Rolle in »Così fan tutte«

Der Regisseur von Mozarts komischer Oper »Così fan tutte«, Matthias Kitter, hat sich für seine Inszenierung zu den Thüringer Schlossfestspielen Sondershausen etwas Besonderes einfallen lassen: Die Fäden der Geschichte um eine Treueprobe zwischen zwei Paaren spinnt der Komponist der Oper höchstpersönlich. Wolfgang Amadeus ist – als Hinzuerfindung von Matthias Kitter – selbst anwesend und denkt sich die Oper just in dem Moment aus, in dem sie erklingt. Don Alfonso, derjenige also, der die Treueprobe an den vier jungen Menschen durchführt, wird zum Handlanger Mozarts.

Chefdramaturgin Dr. Juliane Hirschmann sprach mit dem Schauspieler Florian Hackspiel, der sich dieser Aufgabe und Herausforderung in der Inszenierung von Matthias Kitter annimmt.

Was fällt dir ein, wenn du an Mozart denkst?

Ich bin mit Kinderbüchern über Mozart aufgewachsen, auch meine Mutter hat mir schon viel über ihn erzählt. Ich denke bei dem Namen sofort an »Wunderkind«, aber auch an ein Konzert für zwei Klaviere, in dem ich früher einmal Cello mitgespielt habe. Bei der ersten Orchesterprobe dachte ich: Oh mein Gott, jetzt spiel ich Mozart. Aber in den ersten 20 Takten war da immer nur ein G, auf der Eins. Das fand ich cool, denn ich konnte Mozart spielen.

Wenn man gar nichts mit klassischer Musik zu tun hat, kennt man Mozart trotzdem, jedenfalls dem Namen nach, mehr als Beethoven vermutlich, Haydn oder Bach. Aber es ist die Frage, was man denn von Mozart weiß.

Erstaunlich sind diese krassen Reisen. Wo er überall war! Als Kind, als 7-Jähriger. Und dann immer in diesen Kutschen. Das war nicht romantisch. Er wurde oft wie als Zirkusartist ausgestellt. Aber er war auch ein Genie!

In unserer Oper wird – zumindest oberflächlich betrachtet – die Treue der Frauen auf den Prüfstand gestellt, am Ende finden sich die Paare im Grunde neu. Was glaubst du hielt Mozart selbst von Treue?

Ich glaube viel. Mozart war kein Goethe, der so viele Frauen hatte. Ich meine, dass Mozart verspielt war, mit allem, auch mit Frauen. Seiner Frau Constanze war er schon treu. Er war treu im Sinne von: Er war ein liebender Mensch. Da stellt sich die Frage der Treue im Grunde nicht mehr. Unser Stück heißt auch »Schule der Liebenden« und nicht »Schule der Treue«. Mozart will mit dieser Oper sicher nicht beweisen, »guck mal, Frauen sind untreu«.

Es geht in der Oper viel mehr – und das ist ja auch der Ansatz von Matthias Kitter – um eine Selbstfindung der Frauen. Sie merken plötzlich: Ah, da gibt es ja noch etwas anderes.

»Così fan tutte« ist ein Stück über die Liebe. Sobald eine Figur alleine auf der Szene ist und keinem Gegenüber etwas beweisen oder vormachen muss, kommt so viel Liebe und Ehrlichkeit zum Ausdruck.

Wie kann man sich deine Rolle vorstellen. Was machts du?

Mozart ist bei uns nicht der Erzähler oder der Zeremonienmeister, sondern er ist Ideengeber zu der Oper. Er hat alles komponiert, und wir sehen ihn auf der Bühne. Wir erzählen gleich zu Beginn der Ouvertüre, dass dieser Mozart eine Idee hat und zu schreiben beginnt. Dann kommt Don Alfonso, Mozart flüstert ihm seinen Plan ein, den er gemeinsam mit ihm vorhat. Das ist die Treueprobe an den zwei Schwestern Dorabella und Fiordiligi. Don Alfonso ist die einzige Figur, die Mozart sieht, alle anderen nehmen ihn nicht wahr. In der Rolle des Mozart bin ich aber nicht nur der Creator, sondern ich beobachte und kommentiere auch.

Anders als für alle anderen Partien in der Oper gibt es für deine Rolle kein Vorbild in früheren Inszenierungen. Sie kommt ja in »Così fan tutte« ursprünglich nicht vor. Wie spielt man so eine Rolle, die von Grund auf neu entwickelt werden muss?

Ich spiele als Schauspieler sehr viele zeitgenössische Stücke, ich bin es also gewohnt, ohne Vorbilder etwas zu entwickeln. Die Figur ist zwar eine Hinzufügung von Matthias Kitter, aber Mozart selbst hat es ja gegeben, das heißt, ich kann mich mit der Biografie, mit dem Menschen beschäftigen, was ich auch getan habe. Das hilft mir schon. Aber letztlich geht es darum: Ich stehe auf der Bühne, höre die Musik, sehe den Sänger*innen zu. Dann entstehen Impulse. Matthias gibt mir natürlich viel vor, er hat einen Plan mit dieser Figur, hat klare Bausteine; hier hole ich z.B. ein Podest, dort bringe ich zwei Stühle usw. Aber er lässt mich auch selber entwickeln, ich kann spontan reagieren.

Wie ist es, eine Rolle ausschließlich pantomimisch zu spielen?

Ich liebe es. Ich spiele unfassbar gerne stumme Rollen. Der Mozart in unserer Oper ist schon eine besondere Herausforderung, damit die Figur wirkt. Ich muss manchmal auch übertreiben, dabei trotzdem immer mit der Musik gehen, ich darf weder lauter noch lustiger oder trauriger sein als sie. Das Spannungsverhältnis zwischen meiner Aktion und der Musik soll ausgewogen sein, um die Szene nicht zu stören, aber auch, um den Fokus nicht zu sehr auf mich zu lenken.

Pantomime ist gerade in Kombination mit Musik sehr reizvoll für mich. Da spielt so viel Gefühl mit hinein. Es geht dann auch darum, mit den Sänger*innen zu atmen, ohne dass die Aufmerksamkeit auf sie verloren geht, die muss natürlich ganz bei ihnen sein.

Wie viel von Mozart selbst steckt in deiner Rolle?

In meiner Rolle steckt zu 100 Prozent ein fröhlicher Mozart. Ein solcher war er natürlich auch. Gleichzeitig gab es bei ihm schlechte Zeiten, viele graue Stunden, wenn er krank war, wenn er nicht wusste, wo das Geld herkommt zum Beispiel. Bei uns sehen wir aber einen heiteren Mozart, der seine Oper, so wie er sie in dem Moment hört, aufschreibt, ohne Einschränkungen oder Störungen (und letztlich ohne Zensurgedanken, er darf ganz seiner Fantasie folgen).

Wie viel von der Rolle steckt in dir selbst?

Während meiner letzten Inszenierung in der vergangenen Woche habe ich meinen Schauspielkolleg*innen erzählt, dass meine nächste Rolle Mozart ist. Da sagten sie einstimmig, dass das total passt. Nicht, weil ich so ein genialer Komponist wäre, nein, sie bezogen das auf meine Spielfreude, auf meine Lebendigkeit.

Foto: Anja Daniela Wagner

 

 

 

 

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